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Induktionserwärmung erleichtert die Revision von Implantaten

Induktionserwärmung erleichtert die Revision von Implantaten

© IW/Evers

Wie können Hüft- und Knieimplantate entfernt werden, wenn sie sich lockern oder eine Infektion vorliegt – ohne, dass der umliegende Knochen geschädigt wird? Dieser Frage geht das Institut für Werkstoffkunde (IW) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „SIIRI“ nach. Hierzu wird ein Verfahren zur induktiven Erwärmung metallischer Implantate simuliert und erprobt.

Hüft- und Kniearthroplastien – also der künstliche Gelenkersatz zum Beispiel als Therapie bei Arthrose – werden seit Jahrzenten durchgeführt und stellen bewährte Verfahren dar. Trotzdem führen die anspruchsvollen Bedingungen, unter denen Hüft- und Knieendoprothesen eingesetzt werden, immer wieder zu Komplikationen, die ein Versagen der Implantate auslösen können. Auftreten können beispielsweise das sogenannte Stress Shielding – ein Knochendichteverlust in unmittelbarer Umgebung des Implantats – und bakterielle Infektionen des umliegenden Gewebes.

In diesen Fällen verringert sich oft die Tragfähigkeit der Implantate. Das kann bei den Patienten zu einer hohen Schmerzbelastung führen. Infolgedessen müssen die Prothesen häufig entfernt werden, um den Einsatz einer Ersatzprothese vorzubereiten.

Diese Revisionsoperationen machen in Deutschland gut 10 Prozent der insgesamt durchführten Operationen für Hüft- und Kniegelenkersatz aus. Trotzdem spielen die Revisionsoperationen bei der Entwicklung der Prothesen noch immer eine untergeordnete Rolle und die Explantationen werden in der Regel rein mechanisch durchgeführt. Dabei zieht der Chirurg das teilweise freigelegte Implantat mit mechanischer Kraft, beispielsweise mit einem Zughammer, aus seinem Sitz und nutzt zusätzlich Meißel und Fräser, um den umgebenden Knochenzement zu entfernen.

Dieses Vorgehen birgt ein nicht unerhebliches Risiko, die Knochensubstanz durch Abtrag oder Fraktur zu schädigen. Ein verstärkter Knochenverlust geht mit größeren Revisionsprothesen und aufwendigeren Operationen einher. Das Ziel ist daher, möglichst viel gesundes Knochengewebe zu erhalten.

Ziel des Projektes A08 im Sonderforschungsbereich SIIRI (Safety-Integrated and Infection-Reactive Implants) ist die Entwicklung eines sanfteren Explantationsverfahrens unter Verwendung induktiver Erwärmungsverfahren. Hierzu überträgt das IW seine Erfahrungen im Bereich induktiver Wärmebehandlung von Metallen auf Hüft- und Knieendoprothesen. Dabei werden die Forschenden des IW durch die biomechanische und medizinische Kompetenz von Forschenden des Labors für Biomechanik und Biomaterialien (LBB) der Medizinischen Hochschule Hannover unterstützt.

Bei der induktiven Erwärmung wird eine Spule von einem Wechselstrom hoher Frequenz durchflossen. Dadurch entstehen Wirbelströme, die metallische Werkstoffe berührungslos erwärmen. Induktionsherde funktionieren nach diesem Prinzip. Auf die gleiche Weise lassen sich Wirbelströme in der Implantatoberfläche erzeugen, die metallische Implantate erwärmen. Eine direkte Wechselwirkung mit dem umliegenden Gewebe geschieht dabei nicht.

Das Implantat leitet die entstehende Wärme in den Knochenzement ab und erweicht diesen, womit wiederum das Lösen des Verbundes aus Implantat, Knochenzement und Knochen erleichtert wird. In Vorversuchen an Zylindern aus Ti-6Al-4V, einer in der Implantattechnik häufig verwendeten Titanlegierung, haben Forschende des IW eine Absenkung der notwendigen Auszugskraft um etwa 50 Prozent erreicht. Hierdurch würde ein Ausmeißeln des Knochenzements in Revisionsoperationen beinahe vollständig überflüssig.

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